A
Anerkannte Minderheit: Bundesrat Alain Berset hat 2016 in einer Rede an der Feckerchilbi in Bern erklärt, dass er den Wunsch der Jenischen und Sinti der Schweiz, unter ihrem Eigennamen genannt zu werden, anerkennt. Fortan, seit Herbst 2016 also, gelten die Jenischen, zusammen mit den Sinti, unter ihrer Selbstbezeichnung als nationale Minderheit in der Schweiz. Das ist europaweit einmalig. Verwandt ist die Situation der irischen Travellers, die seit 2017 als Minderheit anerkannt sind, dies unter der Bezeichnung ethnische Minderheit. Die Roma der Schweiz streben eine Anerkennung als Minderheit an.
F
Fahrende: Angehörige von Minderheiten, die zumindest in den Sommermonaten in Wohnwagen lebend zusammen mit ihren Familien durchs Land ziehen und ihrem Erwerb nachgehen. In der Schweiz sind dies vor allem Jenische und Sinto-Familien sowie Roma, die mehrheitlich dank der europäischen Freizügigkeitsregelung in die Schweiz kommen. Sie halten bei Bauern oder auf von den Gemeinden bereitgestellten Durchgangsplätzen. Im Winter leben die meisten in Baracken oder ebenfalls in Wohnwagen auf sogenannten Standplätzen. Schausteller werden in diesem Zusammenhang nicht zu den Fahrenden als gezählt. Der Begriff Fahrende ist heute keine Selbstbezeichnung und wird von Betroffenen oft abgelehnt. Sie ziehen es vor, sich Jenische, Sinti, Roma zu nennen.
J
Jenische: Jenische sind eine Volksgruppe, die durch Geschichte, Gewerbe, Sprache und ihr Selbstverständnis charakterisiert ist. Jenische Minderheiten leben in verschiedenen europäischen Ländern. Ist ihre genaue Entstehung auch umstritten, haben sie jedenfalls europäische Wurzeln, ihre Sprache baut auf dem Deutschen auf. Die grosse Mehrheit der Jenischen ist heute sesshaft, die fahrende Lebensweise gehört dennoch zum kulturellen Selbstverständnis: Jenische sind berufsmässig auf der Reise, einst als Scherenschleifer oder Korber, dann als Antiquitätenhändler oder Dienstleister bei Hausrenovationen. In der Schweiz bezeichnen die Ausdrücke Jenische und Fahrende oft dieselbe Gruppe, und Jenische haben oft eine mehrfache Identität: als Jenische, als Fahrende sowie als Roma und/oder Zigeuner. Die Gesamtzahl der Jenischen in der Schweiz wird von der Dachorganisation «Radgenossenschaft» auf rund 35 000 bis 40 000 beziffert.
R
Roma: «Rom» bedeutet Mensch – man sagt: «der Rom», «die Romni» – und ist ein Sammelbegriff für Volksgruppen, die ursprünglich aus Indien kamen und auf jahrhundertelangen Wanderungen seit dem 14. Jahrhundert nach Osteuropa gelangt sind. Ihre Sprache ist mit dem Sanskrit verwandt. Ein Grossteil der als Roma bezeichneten Menschen ist seit Langem sesshaft. Die Roma teilen sich in eine Vielzahl von Stämmen und Gruppen; im Westen bekannt geworden sind etwa Kalderasch oder Lovara mit ausgeprägter eigener Identität. Manche Roma-Angehörige identifizieren sich zuerst einmal mit ihrer Untergruppe und verstehen sich nicht unbedingt als Roma. In der Schweiz haben sich Roma in grösserer Zahl erst mit den Flüchtlings- und Migrationsströmen Ende des 20. Jahrhunderts niedergelassen. Sie leben hier meist als Staatsangehörige von osteuropäischen und Balkan-Ländern, ohne ihre Zugehörigkeit zu den Roma zu offenbaren. Als Oberbegriff kann der Ausdruck auch Sinti einschliessen; einzelne Autoren verstehen darunter auch Jenische.
S
Sinti: Aus der historischen Wanderbewegung der Roma hervorgegangene Volksgruppe, die heute vor allem in westeuropäischen Ländern lebt. Sinti sind in ihrer grossen Mehrheit heute ebenfalls sesshaft. Zu den Roma aus Osteuropa bestehen Gemeinsamkeiten und Widersprüche. Darum bezeichnen sich Organisationen in Deutschland etwa als Vertretungen der «Roma und Sinti». Manche Sinti verstehen sich als ureigenes Volk und ihre Sprache als selbständige Sprache. In der Schweiz haben sich Sinti-Familien teilweise mit Jenischen verheiratet und verstehen sich mit ihnen zusammen auch als Fahrende. Im französischen Sprachraum lebende Sinti werden auch als Manouches bezeichnet, oder umgangssprachlich als «Manische».
Z
Zigeuner: Oberbegriff für die Gesamtheit der Fahrenden, Roma, Sinti und so weiter, oft abschätzig verwendet. Manche der damit Gemeinten lehnen deshalb kategorisch ab, als «Zigeuner» bezeichnet zu werden. Einige akzeptieren den Ausdruck. Schweizer Jenische benutzen den Begriff recht häufig zur Selbstcharakterisierung, hier gibt es auch ein – jenisches – «Zigeunerkulturzentrum». Als Oberbegriff für die Gesamtheit der genannten Volksgruppen wird zunehmend der Ausdruck «Roma» vorgezogen, wobei dann Jenische meist wieder nicht mitgemeint sind.